Kangeiko (02/2008)

In der Karatekunst Schule wurde zwischen 25. Februar und 1. März 2008 Kann-Geiko praktiziert. Ein Erfahrungsbericht: Stelle mer uns ma janz dumm: Wat is ene Kann-Geiko? Ene Kann-Geiko is... Immer anders als du denkst! Und da wird es doch schon hoch spannend. Will sagen: Erwartungshaltungen werden garantiert enttäuscht! Das heißt konkret im Februar 2008 beim Kann-Geiko-Training morgens zwischen 5 und 6 Uhr gab es keine Wasserkübel zur Abkühlung, kein Schnee, keine Minusgrade, kein Training in voller Wärmemontur plus Karateanzug im Dojo bei geschlossenen Fenstern -versteht sich- und volle Pulle aufgedrehter Heizung. Statt dessen laufen wir, eine Gruppe von 17 Frühaufstehern ( zwischen 15 und 45 Jahren) barfuß oder in Laufschuhen, nur mit Karateanzug oder mit Wärmeklamotte drunter, mit Infekt oder zur Abwechslung mal völlig gesund, in Zweierreihe, jeder mit Tonfas und jeder stumm in Rtg. Klettenbergpark zum ersten Haltepunkt Hardtstrasse Ecke Petersbergerstrasse. Stumm in Zweierreihe zu laufen, ohne ein Wort in der Dunkelheit-das fühlt sich anders an als stumm um 19 Uhr im Dojo. (Wo natürlich auch nicht gequatscht wird.) Während die Gruppe versucht, aus dem Handgelenk die Tonfas zu drehen und vor den Pollern zu stoppen, schnarchen über uns zeitgleich Frau Monika Zimmermann, Herr Ali Samadi und Roxana und viele mehr. Bei Nichtbeachtung der Ansage geräuschlos zu arbeiten: Liegestütz. Im Laufe der 5 Tage verlor diese variierende Übung das "Teehaus-Kling-Klang", wie Dirk es nannte und wurde zu einer leisen, fast klanglosen Konzentrationsübung. In der Dunkelheit. Morgens, so gegen 5 Uhr 05. Rote Ampeln auf dem Weg zum Klettenbergpark dienen dazu, im Kiba Datshi zu stehen und Drehungen und Auffangen der Tonfas zu üben. Üben beinhaltet auch immer das Nichtgelingen und was das für Konsequenzen hat, ist der Leserschaft wohlbekannt. Vor dem Klettenbergpark gibt es ein berühmt-berüchtigtes "Mäuerchen", das geradezu danach schreit, den Füßen aller Teilnehmer als Ablage zu dienen, damit diese viele lange Minuten im Seiken, auf den Fäusten stehen. (Überempfindliche Pflänzchen, die nicht nur ihren Geist und Körper, sondern auch die Alabasterhänd- chen zu Markte tragen, sind davon ausgenommen) Gefühlte Zeit: 5 Uhr 15. Die Gruppe läuft runter zum See und stellt sich auf einer matschigen Wiese auf, um die Heian Shodan und andere Katas mit Tonfas in den Händen zu laufen, sowie die erste Tonfas-Kata. Der Boden ist uneben, voller Widerstand. Die Dunkelheit wirft jeden auf sich selbst zurück und alle bewegen sich aus ihrem Gefühl heraus so rhythmisch, wie es geht. Einzig die Akustik hilft, die Wahrnehmung zu verstärken. Das Hören hat, wenn man ohne bzw. mit weniger Sehkraft trainiert, eine andere und bemerkenswerte Bedeutung. (Abgesehen davon, dass die Augen sich an die Lichtverhältnisse gewöhnen und besser sehen.) Der See lässt sich mit unzähligen Techniken umkreisen, doch die Morgenstund vergeht so schnell, dass alle Beteiligten Morgen für Morgen erstaunt waren, wenn wir den Park schon wieder verlassen haben und die Luxemburger entlang nach Hause, ich meine ins Dojo zurückgelaufen sind, damit wir um 5 Uhr 55 dort ritualisiert abgrüßen konnten. Der "Versprecher" nach Hause statt ins Dojo ist so falsch nicht. Denn die Verabredung 5 Tage lang um 5 Uhr morgens nicht muffelig oder müde verpeilt zu sein, sondern offen, neugierig und wach, begleitet einen 24 Stunden lang, egal wohin man geht, egal was man macht und das hat etwas mit "zu Hause" zu tun, mit "vertraut sein". Für diese Erfahrung bin ich dankbar und für vieles mehr. Also: Karate findet nicht nur im Dojo statt. Oss Caroline