Naturlehrgang (09/2008)

Am 19. September 2008 fand im Bergischen Land, ungefähr 1 1/2 Stunden vom Dojo entfernt, ein Lehrgang statt. Er war nur für Schüler über 18 Jahre zugänglich - Ausnahme man hatte eine Einverständniserklärung der Eltern, denn bereits im Vorfeld war klar, dass dieser Lehrgang sehr anstrengend werden würde. Jener ging über 3 Tage (Freitag - Sonntag) und da wir sehr viele - viel zu viele, um alle zu erläutern - Erfahrungen machten und Erlebnisse hatten, kann ich nur einen kleinen, aber für mich den bedeutsamsten Teil dieses Lehrgangs erzählen - die Nacht-Einheit in der Nacht von Samstag auf Sonntag. Als ich mitten in der Nacht plötzlich durch einen Eimer Wasser geweckt wurde, wusste ich gar nicht wie mir geschah. Dirk brüllte uns an, wir sollen aufstehen! Wir hatten eine Minute Zeit alles anzuziehen, doch durften wir dann gleich auch wieder alles ausziehen. Ich hatte nur noch eine Karatehose an, und ich spürte die kalte Nässe vom Tau an meinen nackten Füßen. Die Übungen, die jetzt folgten, waren physisch extrem anstrengend. Immer wieder blickte ich an den sternenklaren Himmel und sah den Vollmond. Dabei sagte ich mir, ich will diese Einheit - egal wie schlimm es noch wird - so gut wie möglich durchstehen. Doch obwohl ich bereits mit zusammengebundenen Füßen den Berg auf und ab gesprungen war oder mit einem Partner Seiken-Schubkarre den Berg auf und ab gelaufen war und ich so erschöpft war wie noch nie zuvor in meinem Leben, wurde es noch schlimmer. Wir liefen - das nutzte ich als kleine Erholung - zu einem hölzernen Becken, das mit Wasser vom Berg ständig gefüllt war. Auf einem kleinen Schild stand 'kein Trinkwasser' und ich wusste nicht, ob es wegen des Schmutzes oder wegen der enorm kalten Temperatur des Wassers dort hing. Dennoch kippte Dirk uns das Wasser ins Gesicht, über den Körper und auf die Karatehose. Kurzzeitig hatte ich das Gefühl zu ertrinken, da ich dämlicherweise viel von dem Wasser schluckte. Immer wieder versuchte ich mir ein zureden, das ist doch geil, was du hier machst, genau das wolltest du! Doch als Dirk uns weiter zu dem Anfang eines Wanderwegs scheuchte und wir uns wieder die Füße und Beine zusammenbinden mussten - der Gürtel wird halbiert und um beide Fußknöchel gelegt, durch die Schlaufe an der einen Seite kommen beide Enden der anderen, nun beide Enden rechts und links um die Beine legen und einen festen Knoten machen, so dass man die Füße nicht mehr auseinander bekommt - konnte ich nicht glauben, was er dann sagte: Na los...! - Wir sollten den ganzen Wanderweg hüpfen!! Das war der Anfang einer seelischen und körperlichen Tortur. Ich begann den Weg entlang zu hüpfen - Sprung für Sprung. Jeder Sprung kostete mich viel Energie, und ich hatte das Gefühl, ich kam nicht vorwärts. Das kann Dirk einfach nicht ernst meinen, sagte ich mir. Es schien einfach unmöglich, diesen ganzen langen Wanderweg in der extremen Dunkelheit zwischen den Wäldern, komplett zu hüpfen. Mit der Weile hatte sich die Gruppe gespalten und ich war alleine mit Jesse vorne. Vor uns war nur Navid. Wer hinter uns war, weiß ich nicht, aber durch das ganze Tal hörte man das elendige und gequälte Geschrei der anderen - das gab mir Kraft :P ! Am Anfang wollte ich einfach nicht mehr, der Gedanke an den Weg, der noch vor mir lag, machte mich wahnsinnig. Doch ich erinnerte mich an das, was ich mir gesagt hatte, als diese Nacht-Einheit anfing und setzte mir immer wieder kleine Ziele. Mal bis zum nächsten Schatten, den irgendeiner der Bäume warf, mal sagte ich mir, verdammt, noch 10 Sprünge, dann kannst du eine kleine Pause machen! Jeder Sprung war eine riesige Überwindung. Ich schwitzte trotz der Kälte am ganzen Körper. Meine Waden und Oberschenkel brannten vor Erschöpfung und durch die ruckartigen Bewegungen, mit denen ich mich nur noch fortbewegen konnte, schmerzte mein Rücken enorm. Größtenteils ging dieser Wanderweg bergauf und es war kein Ende in Sicht! Jedoch kannte ich den Weg, denn am ersten Tag des Lehrgangs waren wir diesen Weg bereits einmal zu Fuß gegangen, und ich erinnerte mich an manche Stellen - leider! Ich wusste nicht genau, wo wir uns gerade befanden, doch Jesse und ich hüpften bereits eine Stunde den Weg entlang, gefolgt von dem Geschrei der anderen, als Jesse plötzlich stehen blieb! Er hatte zu starke Schmerzen am Rücken und konnte nur noch langsam weiterhüpfen. Zwangsweise hüpfte ich alleine weiter. Vor mir war nun nichts mehr, an dem ich mich hochziehen oder orientieren konnte, nur noch die Dunkelheit. Hinter mir das Geschrei der anderen (bewusst). So hüpfte ich Stück für Stück weiter. Teils versank ich im Elend, teils trieb mich mein Kampfgeist. Ab und zu kam Dirk mit einer Taschenlampe vorbeigelaufen und redete mir gut zu. Das gab auch Kraft! Der Vorfall mit Jesse lag nun eine halbe Stunde zurück, als ich von einem kleinen Hügel aus das Ende des Wanderwegs sah! Riesige Freude machte sich in mir breit. Voller Elan kämpfte ich mich den letzen Teil des Wanderwegs entlang. Ich sah Navid, wie er da stand und Sukis in die Luft schlug. Dirk stand neben ihm. Als ich bei ihnen war, schmiss ich mich ins Gras und war unglaublich froh, einfach dazuliegen. Den Gürtel band ich ohne zu zögern ab. Was für ein Gefühl! Dennoch sollte ich mich auch wieder hinstellen und Sukis schlagen. Mit lautem Geschrei kamen nun auch die anderen, Jesse, Jake, Martin, Mansur, Maxi, Chris und Wenzel. Wundersamer Weise standen kurz danach alle in einer Reihe und schlugen Sukis. Was sollte das?? Ich wollte mich ausruhen!! Wir blickten zu Dirk. Na los...!, war seine Antwort! Wir sollten unsere Füße wieder zusammenbinden und den Wanderweg erneut hüpfen!!! Meine Freude war wie weggeblasen. Ich sah in acht verzweifelte Gesichter, doch alle banden sich die Füße zu und versuchten los zu hüpfen! Wieder in den Wanderweg hinein, wieder ins Elend. Wenzel stürzte und auch die anderen konnten sich nicht mehr richtig auf den Beinen halten, als Dirk nach einigen Metern die Situation auflöste! Es war nicht ernst gemeint! Die Nacht-Einheit war zu Ende. Alle waren überglücklich. Doch der Druck, der abfiel, war hoch und so floss auch die ein oder andere Träne.